Hallo liebe Tierschutzfreunde,
wie versprochen nun der 2.Bericht zu meinem SOS-Einsatz Mitte Dezember im Tierheim von Bucov.
Dienstag (17.12.2024) Tierheim Baile:
Das Werkzeug und die anderen Utensilien sind im Auto verstaut. Nun heiĂt es, Abschied von Mishus Team zu nehmen, um nach Bucov bei Ploiesti zu starten. Knapp 400km liegen zwischen beiden Cheltern. Google Maps verheiĂt mir eine Fahrtzeit von 5 Stunden 20 Min. Das passt, zu 14:00 Uhr ist das von Bettina Rademacher (unsere Kassenwartin bei PDR) organisierte Treffen mit dem Leiter dieses Tierheims, Herrn Poenaru, vereinbart.
Ein Unfall auf der Strecke lĂ€sst die Ankunftszeit letztlich auf 14:40 Uhr anwachsen… Die Fahrt in RumĂ€nien ist fĂŒr mich immer wieder ein kleines und bisweilen mittleres Abenteuer. Der Weg fĂŒhrt anfĂ€nglich ĂŒber die meist einspurige E70, die sich ab Orsova eine Zeit lang an der Donau entlang schlĂ€ngelt, verschiedene weitere EuropastraĂen, dazwischen ein StĂŒck Autobahn. Die Herausforderung besteht u.a. in den immens vielen und groĂen LKWÂŽs, die vor einem fahren und entgegen kommen sowie dem Umstand, das der GroĂteil der StraĂen einspurig ist. Der Adrenalinspiegel steigt unweigerlich, wenn ein LKW bei Gegenverkehr ĂŒberholt werden will oder ein Fahrzeug zum Ăberholen ansetzt.
Mein Ziel ist das Tierheim (Shelter) am Rand von Bucov. Es zĂ€hlt zu einem der gröĂten, wenn nicht gar dem gröĂten öffentlichen Shelter RumĂ€niens. Auf einer riesigen FlĂ€che befinden sich fast 700 Kennel (Zwinger), in denen derzeitig ĂŒber 4.300 Hunde untergebracht sind. Eine gigantische und nicht vorstellbare Zahl.
Wichtig in der Bewertung mit anderen groĂen Tierheimen ist aus meiner Sicht der Umstand, dass es sich hier um das stĂ€dtische Tierheim der Stadt Bucov handelt, welches unter der Leitung von Herrn Poenaru steht. Somit hat es naturgemÀà ganz andere finanzielle und personelle Ressourcen als privat gefĂŒhrte Shelter.
14:40 Uhr Ankunft im Tierheim. ZunĂ€chst treffe ich Aniela Ghita, einer unserer beiden TierschĂŒtzerinnen vor Ort. Das Wiedersehen mit ihr ist auch nach drei vergangenen Jahren sehr herzlich. Da sich mein Termin mit Herrn Poenaru durch mein verspĂ€tete Ankunft etwas verschiebt, haben wir die Zeit, durch die alten und neuen Kennelbereiche zu streifen.
Seit meinem letzten Einsatz von vor drei Jahren ist wieder viel passiert. Neue Kennel sind hinzu gekommen. Ăber viele Jahre hinweg wurden die meisten Kennel dank der Hilfe diverser Bautrupps ĂŒberdacht, was das Leben fĂŒr die dort untergebrachten Hunde ertrĂ€glicher macht. In den Regentagen steht das darunter befindliche Futter im Trockenen, ebenso die HĂŒtten. Die FlĂ€chen schneien jetzt im Winter nicht so stark ein und in den Sommermonaten spenden sie den so wichtigen Schatten. Dann besichtigen wir die zwei neuen Kennelbereiche, welche erstmals eine durchgehende Betonplatte als Untergrund haben. Einer der beiden Kennelbereiche wurde letzten Oktober noch vom âDas Baurudelâ ĂŒberdacht. Durch die BetonoberflĂ€che wird es kĂŒnftig einfacher, die Kennel zu reinigen und die in Bucov vertretenen Ratten scheitern mit ihren scharfen ZĂ€hnen beim Versuch, sich unterirdischen GĂ€nge ins Kennelinnere graben.
Nun treffe ich den Leiter des Tierheims, Herrn Poenaru. Auch ihn kenne ich bereits aus frĂŒheren EinsĂ€tzen. Unsere Hauptthemen sind neben den morgen anstehenden Arbeiten die gemachten Erfahrungen bei den vergangenen Betonierarbeiten beider BetonflĂ€chen und die vielen Herausforderungen, die sich aus dem kĂŒnftigen Mega-Projekt, sukzessive alle Kennel des Shelters zu betonieren, ergeben. Aus meiner Sicht ist dies ein sehr komplexes Unterfangen, bei dem es insbesondere beim Betonieren der vorhandenen Kennel viel zu planen und zu beachten gilt. Wie vorab zwischen ihm und unseren Vorstand abgestimmt, nimmt er mein Angebot zur UnterstĂŒtzung bei den morgigen Betonarbeiten gern an. Direkt hinter dem HauptgebĂ€ude mit dem Vetbereich befinden sich 7 unterschiedlich groĂe Kennel (Bereich Kennel von 435 bis 437), die kurzfristig betoniert werden sollen. Gemeinsam besichtigen wir diesen Bereich. Diese Kennel wurden von Aniela genutzt, alle Betonplatten, die sich darin zuvor befanden, sind raus, der Boden ist zum Teil ausgehoben. Nach der Fertigstellung der Betonarbeiten sollen dann die Welpis aus ihren alten Kennelbereich schnell dorthin umziehen, damit der alte Welpenkennel-Bereich abgerissen und komplett neu erbaut werden kann. WĂ€hrend unseres GesprĂ€ches kommen wir u.a. auf die gewĂ€hlte Betonsorte und mögliche Alternativen, die ich nach meiner Recherche zukĂŒnftig gern einbauen wĂŒrde. Mein Wunsch ist eine hĂ€rtere Betonsorte, die auch resistenter gegen âchemischeâ durch unsere WuffiÂŽs ist. Dies wird jedoch auch mehr kosten, wieviel ist zu diesem Zeitpunkt unklar⊠âKein Problemâ, er schaut, was das Betonwerk alternativ liefern kann und wie hoch die Mehrkosten sind. Danke! :-).
Dann meine wichtigste Frage: Wann kommt morgen der Beton? Ca. 14:00 Uhr. Ich blicke mich um und denke: âOk, dann ist bis dahin noch eine Menge zu tun…â Zur UnterstĂŒtzung stellt mir Herr Poenaru morgen zwei seiner Mitarbeiter zur Seite, mit denen ich das gemeinsam rocken werde. Start ist 7:30 Uhr.
Mittwoch (18.12.2024):
Ich rolle mit meinem Auto auf das GelĂ€nde. Als erstes heiĂt es Auto ausrĂ€umen, wertvolle Werkzeuge auf einer nahegelegenen HundehĂŒtte sortiert platzieren und nichts, wirklich nichts auf der Erde liegen lassen… Der nĂ€chste freilaufende Hund kommt mit Sicherheit und markiert es mit âDas ist jetzt meinsâ⊠PĂŒnktlich 7:30 Uhr kommt der erste Arbeiter freundlich auf mich zu. Er ahnt zu diesem Zeitpunkt noch nicht, was alles an harter Arbeit vor uns und insbesondere den beiden Shelter- Mitarbeitern liegt.
Als Erstes mĂŒssen die als hohe TĂŒrme kunstvoll nebeneinander gestapelten Betonplatten weichen. Es folgt das Entfernen der EinzĂ€unung von zwei Seiten des groĂen Kennels 435, dank mitgebrachter Akkuflex kein Problem. Und dann kommt der Moment, wo ich ihnen mit HĂ€nden und FĂŒĂen erklĂ€re, dass ich die Laufwege auĂerhalb der Kennel, wo sich die KenneltĂŒren befinden, mit einem ca. 80cm breiten Streifen betonieren möchte. Das erleichtert ihre kĂŒnftige Arbeit. FĂŒr heute heiĂt es jedoch erst einmal, mit Hacke und Schaufel den âBodenâ auszuschachtenâ. Achtung, dieser Boden kein klassischer Oberboden. Vielmehr eine Mischung aus Erde, Kieselsteinen und Hundekot⊠Und nein, es steht kein Minibagger zur VerfĂŒgung! Eine mĂŒhsame und schweiĂtreibende Arbeit, diese ĂŒber 10m lange und 1m breite FlĂ€che mit der Hand auszuschachten. Und dann ist im groĂen Kennel noch der Baumstubben eines alten Baumes. Kein Problem meint Herr Poenaru, und schwupps ist der Kollege mit seiner KettensĂ€ge da und schneidet diesen in mehrere kleine Teile.
Apropos Wetter: Hatten wir in Baile meist Temperaturen leicht ĂŒber 0 Grad und gelegentlichen Regen, ist es heute geradezu frĂŒhsommerlich warm und ohne Regen. Regelrechtes T-Shirt-Wetter und damit perfekt zum Betonieren đ Endlich, es ist bereits nach 11:00 Uhr, kann ich mit dem Bau der Schalung im groĂen Kennel beginnen. Bretter haben wir, mitgebrachtes Werkzeug + Schrauben auch. Aufgrund der Anordnung der 6 kleinen Kennel (es stehen immer zwei rĂŒcklings aneinander) mĂŒssen wir die Bodenplatte des groĂen Kennels auch so anordnen und zum Betonieren zweiteilen. Höchster Punkt in der Plattenmitte, Platte an sich in Waage, GefĂ€lle mindestens 1° nach auĂen. Und das Ganze noch im halbwegs rechten Winkel. âZollstockâ und Wasserwaage werden ab jetzt meine wichtigsten Begleiter. Immer wieder der bange Blick auf die Uhr, wieviel Zeit haben wir noch? Die Zeit rinnt wie Ostseesand durch die Finger.
Dann gg. 12:30 Uhr die Quizzfrage von Herrn Poenaru, wieviel Beton er bestellen soll. Zu diesem Zeitpunkt ist gerade mal die FlĂ€che des groĂen Kennel eingeschalt. Ich errechne die erste FlĂ€che (knapp 24mÂČ x BetonplattenstĂ€rke 15cm ergibt ca. 3,5mÂł). Den Rest schĂ€tzt er und wie sich spĂ€ter herausstellen wird, super exakt! Jetzt mĂŒssen noch die Baustahlmatten fĂŒr den ersten Kennel geschnitten, verlegt und untereinander gegen Auftrieb verrödelt werden. Als Abstandshalter nach unten eignen sich die herumliegenden Plattenreste hervorragend. Das nenne ich nachhaltig đ Weitermachen, zwei kleine Kennel werden noch schnell ausgeschachtet, mit Schalungsbrettern und Baustahlmatten versehen. Zu beachten: GefĂ€lle herstellen und beachten, das wir vorn nicht zu hoch kommen dĂŒrfen, sonst geht die KenneltĂŒr spĂ€ter nicht mehr zu. Das Ganze in internationaler Sprache, aber wir verstehen uns prima!
13:30 Uhr: Einen weiteren Kennel schaffen wir nicht mehr, schade! Aber die QualitĂ€t der Vorbereitung steht beim Betonieren an erster Stelle, wenn der Beton einmal drin und ausgehĂ€rtet ist, warÂŽs das… Dann folgt die Info, dass sich die Betonlieferung etwas verschiebt, da das Mischerfahrzeug noch von einer anderen Baustelle unterwegs ist. Das gibt mir die Gelegenheit, meine kleine Reparatur in den Vetkenneln 7 und 8 durchzufĂŒhren. Ich hatte gestern gesehen, wie kleine WuffiÂŽs in ihrem Freiheitsdrang immer wieder die Kennelabtrennungen hochzuklettern versuchten. Ein kurzes GesprĂ€ch diesbezĂŒglich am Tag zuvor mit Herrn Poenaru. Kein Problem, kann ich machen. Das Material dafĂŒr hatte ich zwischendurch in Etappen vorbereitet, Herr Poenaru kĂŒmmerte sich um die âBerĂ€umungâ dieser beiden Kennel. Und nun, Material da, Werkzeug in den HĂ€nden, fehlte wie so oft die berĂŒhmte dritte und vierte helfende Hand. Und wie aus dem Nichts steht plötzlich ein mir bekanntes Gesicht vor mir. Ein Arbeiter, den ich bereits von frĂŒher EinsĂ€tzen kenne. Und so haben wir Hand in Hand gearbeitet und diese Arbeit fertig gestellt. Ohne groĂe Worte. Blicke, kurzes Zeigen und Fingersprache genĂŒgten zur VerstĂ€ndigung. Ein herzliches Dankeschön an den Kollegen dafĂŒr!
Bucov 15:20 Uhr. Der Betonmischer ist endlich da. Beladen mit 5mÂł. Er hat den besten verfĂŒgbaren Beton an Bord, der uns nur knapp 4âŹ/ mÂł mehr kostet. Eine sehr gute Investition angesichts der vorherrschenden BodenverhĂ€ltnisse und der âchemische Belastungâ durch unsere WuffiÂŽs. Wie ĂŒblich wird er rĂŒckwĂ€rts an die zu betonierende FlĂ€che dirigiert. Na ja fast. Ein frei hĂ€ngendes Stromkabel ist zunĂ€chst im Weg. Kein Problem. Ein Kollege klettert rasch auf den âTrudlerâ, wie er in der Bausprache heiĂt, und hebt das Kabel zum Rangieren an. Kurze Zeit spĂ€ter plĂ€tschert der erste Beton auf die FlĂ€che, jetzt heiĂt es verteilen, verteilen und was die Höhe betrifft, immer schön an der Schalung orientieren. Die Schalung hĂ€lt, bis auf eine Stelle, aber einige flugs herbei gebrachte Steine und Betonplatten ĂŒbernehmen deren Fixierung. Und so werden nach einigem Rangieren auch die beiden kleinen Kennel betoniert. 40 Minuten spĂ€ter ist alles geschafft. Fertig! Jetzt schnell Werkzeug und Schuhe sĂ€ubern, der Beton klebt wie Zunder, wenn er abgebunden ist⊠Die Arbeiter verabschieden sich, schlieĂlich sind ihre Kollegen schon lange im Feierabend.
Ein letztes GesprĂ€ch mit Herrn Poenaru, auch ĂŒber die anstehende Projekte in 2025. Wichtiges Update zu diesen 7 Kenneln: Zwischenzeitlich konnten die ersten WelpiÂŽs in die ersten neuen Kennel umziehen. Die restlichen Kennel in diesem Bereich werden im Januar von Mitarbeitern des Shelters betoniert. Und dann sind die alten Welpenkennel Geschichte. HURRA!! Nach Abriss der alten Welpenkennel wird dieser Bereich komplett neu gebaut. Danach ziehen die WelpiÂŽs wieder dorthin zurĂŒck und wir können die jetzigen 7 Kennel anderweitig nutzen.
Nachdem all das Werkzeug im Auto verstaut ist, rolle ich um 16:55 Uhr zum Sonnenuntergang aus dem Tor des Shelters von Bucov. Zufrieden mit der heutigen Arbeit und dem Teamwork trete ich die Heimreise in das ca. 1.700km entfernte Berlin an. Mein nĂ€chtlicher Zwischenstopp fĂŒhrt mich zu einem Hotel nach Faget (RumĂ€nien). Dort lerne ich fĂŒr kĂŒnftige Hotelbuchungen, auch danach zu fragen, ab wann es denn FrĂŒhstĂŒck gibt. Ab 9:00 Uhr, wie dort angeboten,mag fĂŒr Touristen nett sein, fĂŒr Durchreisende eher ungeeignet, dafĂŒr figurfördernd ;-). Was noch haften bleibt, ist die Schrecksekunde, als an einem Rastplatz inmitten der Dunkelheit plötzlich zwei groĂe weiĂe Hunde der Meinung waren, die StraĂe direkt vor meinem Auto ĂŒberqueren zu mĂŒssen. Der Autohupe sei dank, ist es bei mir und den nachfolgenden Autos gut gegangen. Was ein gedanklicher Horror fĂŒr unsereins.
Samstag, 21.12.2024 14:20 Uhr Haltepunkt Wandlitz bei Berlin:
Ein weiĂer groĂer Transporter rollt auf das GelĂ€nde von Franziska. Stoica Andrew, der zweite Sohn von Mishu, und sein zweiter Fahrer wirken nach den ca. 1.900km immer noch so verdammt frisch und freundlich?! Wie machen die das bloĂ? ZunĂ€chst lerne ich die herzliche Franziska, die uns diesen Haltepunkt ermöglicht, kennen. Auch gibt es ein freudiges Wiedersehen mit Melanie Kaske, der Urberlinerin im Erfasserteam und Kathrin Bln, die u.a. eine Pflegestelle fĂŒr PDR in Berlin ist und ihren neuen SchĂŒtzling Sani abholt. Und dann ist er, dieser unbeschreibliche Moment, als sich Sani aus dem Transporter kommend das erste Mal in die Arme von Kathrins Tochter anschmiegt⊠In dieser Sekunde weiĂ ich einmal mehr, dass jeder der gefahrenen 3.500km und jede Stunde der letzten sieben Tage diese MĂŒhe wert waren. Denn diese kleinen und groĂen Wunder geben uns die Kraft, trotz aller Widrigkeiten weiterzumachen und noch besser zu werden.
Am Ende dieses zweiten Beitrages möchte ich mich insbesondere bei zwei Personen bedanken: Bettina Radermacher: Du warst stets mein Verbindungsglied zu Herrn Poenaru, meine Hotelbucherin fĂŒr Bucov, hast hinter den Kulissen alles organisiert und gabst mir den finanziell wertvollen Tipp, dass auch in RumĂ€nien Maut zu zahlen ist – Danke dafĂŒr Bettina! Ebenso ein groĂes Dankeschön an Herrn Poenaru fĂŒr die offenen, konstruktiven und auf Augenhöhe gefĂŒhrten GesprĂ€che sowie das in mich gesetzte Vertrauen!
Liebe GrĂŒĂe,
Jens Helbig