Die letzten Tage haben sich über 20 wunderbare Menschen auf den Weg nach Rumänien gemacht, um in unseren Sheltern vor Ort wieder Hilfe zu leisten. Alleine in Bucov sind aktuell 17 Menschen im Einsatz, hier in Baile Herculane sind wir aktuell zu 6. Es ist so gut zu wissen, dass so viel Power nun vor Ort ist, jeder Kennel, jede Hütte durchforstet wird, um die Hunde sichtbar für die Galerie zu machen. Der Preis ist hoch. Körperlich und seelisch ist man nach einer Woche einfach nur platt. Aber jede Anstrengung, jede Mühe, jede Träne ist es wert, dass wir das zusammen tun. Eine Woche Strandurlaub wäre vielleicht erholsamer, aber wenn man einmal solch eine Reise gemacht und gespürt hat, wie groß der Unterschied ist, den man dadurch macht, wird man sein Köfferchen wieder packen und mit Arbeitshose und Handschuhen losziehen. Wir sind sehr dankbar, dass wir so viele Menschen gefunden haben, die so wertvolle und gute Arbeit vor Ort leisten. Die sich Urlaub nehmen, um eine solche Reise zu machen. Die fix und fertig wieder nach Hause fliegen und am nächsten Tag wieder der normalen Arbeit nachgehen…

Hier in Baile ist vieles so wie immer, aber vieles auch sehr anders.
Baile hört sich anders an. Lauter, voller. Gestresster. Keine Mittagsruhe mehr. Keine Phasen, wo alle Hunde schlafen und in der Sonne liegen. Der Winter war hart. Viel Regen, viel Sturm. Lange dunkle Tage hier zwischen den Bergen, wo der Wind im Winter unerbittlich durch das Tal fräst.
Die Blicke der Hunde sprechen Bände. Müde sind sie. Abgekämpft. Das Fell stumpf. Manche noch im dicken Winterpelz, der aus vier Schichten alter Wolle besteht. Hunde, die aktuell neu zu uns kommen, sind übersät mit Zecken und Flöhen. Die Welpen vom letzten Sommer stehen nun als vor kraftprotzende und gelangweilte Teenager in ihren Zwingern. Der Platz ist weniger geworden. Die Streits lauter und weniger tolerant.

Nach einer kleinen Runde durchs Shelter haben wir mit der Erfassung / Check Up von den Kennel Reihen B und C begonnen, die 4 anderen Mädels kämpften sich derweil durch die P-Kennels. (P-Stand mal für puppy Kennels – aber Welpen sind dort schon lange keine mehr…nur noch nicht ausgereiste Teenager, die sich relativ häufig nun in den Haaren liegen…..)…
Dieses Mal bin ich mit einem anderen Fokus in den Kennels unterwegs. Unser Open Shelter Projekt, was wir vor einem Jahr ins Leben gerufen haben, ist nun baulich zumindest fast fertiggestellt. Diese Woche kommt das Baurudel vorbei und wird Überdachungen fertigstellen. Ein Umzug der Hunde ist innerhalb dieser Reise geplant. Ich hoffe, wir können zeitlich alles gut schaffen.
Seit Tagen schlafe ich nicht so gut. Mich beschäftigt die Umsetzung der Hunde ins Open Shelter sehr. Noch nie habe ich so große Hundegruppen zusammengestellt, die zum großen Teil aus eher (zumindest in Bezug auf den Menschen) unsicheren Hunden bestehen. Das Kriterium, wann ein Hund ins Open Shelter umzieht, ist vor allem, dass er menschlichen Kontakt maximal stark vermeidet, beim Bedrängen eher nach vorne geht und niemals Futter aus der Hand nehmen würde. Es sind die klassischen Paniker, für die wir keinerlei Chancen auf eine Vermittlung sehen. Die Hunde, die seit Jahren in den kleinen Betonkennels sitzen und die Wand anschauen. Es sind die Hunde, die wir niemals in ein deutsches Hundeleben integrieren werden. Wir sind aber für all diese Hunde verantwortlich und es ist nicht die Devise, dass wir die Hunde einfach dorthin abschieben, damit wir Platz im eigentlichen Shelter haben. Es geht darum, dass wir diese nicht vermittelbaren Hunde nicht einfach aussetzen können, sondern sie nach wie vor in unserer Obhut bleiben müssen. Aber wir wollen ihr Leben lebenswerter gestalten, indem sie in großen Auslaufflächen mehr Platz haben, die Sonne sehen, in der Wiese liegen können. Das ist zumindest die eher romantische Seite von diesem Vorhaben. Da ich aber seit einigen Jahren nun Hunde vergesellschafte, Hundegruppen zusammenstelle und Hunde generell einfach beobachte, weiß ich sehr wohl, dass auch in so einem Auslauf einiges schief gehen kann. Hunde formieren sich immer zu Gruppen. Hunde, die sich gut verstehen, können in stressigen Situationen, durch externe Auslöser, auch einfach völlig triebgesteuert eskalieren. Das Open Shelter liegt isoliert, dort ist nicht 24/7 jemand am Start. Wenn die Klopperei losgehen sollte, sind die Hunde auf sich alleine gestellt. Durch eine gute Strukturierung der Fläche versuchen wir möglichst einzelne Räume zu schaffen, damit Rückzugsgebiete entstehen, aber auch diese sind keine safe base. Niemand wird vorhersagen können, ob die zusammengestellte Gruppe dauerhaft gut funktionieren wird. Niemand wird planen können, welche Reibungspunkte entstehen. Es ist für uns alle ein absoluter Testballon, vor dem ich großen Respekt habe.
Wichtig ist vor allem, dass wir die Hunde, die in einen Auslauf sollen, möglichst nahezu gleichzeitig dort hineinsetzen. Denn nach wenigen Tagen können sich schon kleine Gruppen bilden, Ressourcen entsprechend besetzt werden. Neue Hunde könnten dann schnell direkt als Oper angesehen werden. Dies ist alleine logistisch eine Herausforderung, denn alleine das Umsetzen wird dauern. Die Hunde, die umziehen werden, sind alle super panisch. Niemand wird sich durch gutes Zureden beruhigen, auf meinem Arm krabbeln und freudig ins Auto einsteigen. Alleine das Einfangen der Hunde wird alles andere als nett werden. Dabei werde ich mir 45 mal die Frage stellen, ob das alles richtig ist, ob wir dafür die Verantwortung tragen können, ob es den Hunden dann besser gehen wird. Sollten wir diese Mammutaufgabe hinter uns gebracht haben, wird man die erste Nacht sicherlich nicht schlafen, weil man am nächsten morgen voller Magenschmerzen ins Open Shelter fährt und erst mal schaut, wie die erste Nacht so für alle war… Wir werden damit rechnen müssen, dass es tote Hunde geben wird. Wir versuchen im Vorfeld alles zu tun, damit dies nicht passiert. Ich werde bei der Auswahl schauen, dass die Kräfte gleichmäßig verteilt sind. Dass die Geschlechterverteilung halbwegs ausgewogen ist. Dass alle soweit fit sind und Kraft haben. Kein bereits angeschlagener oder zu dünner Hund wird ins Open Shelter umsiedeln. Aber selbst, wenn ich alle diese Kriterien im Kopf habe und beachte, bin ich immer noch voller Sorge und Zweifel, dass diese Entscheidungen alle richtig sind. Ich weiß, dass dieses Projekt für uns sehr wichtig ist, denn es beinhaltet so viele Chancen und Möglichkeit. So viel Lebensverbesserung für die Hunde, wenn der Plan richtig aufgeht. Wenn sich die Gruppen gut verteilen, wenn jeder seine friedliche Ecke findet. Aber der Weg dahin ist noch ein weiter und wir sind in diesem Bereich einfach unerfahren und müssen uns vortasten. Mir ist es wichtig, dieses „Dilemma“ zu erklären, weil es glaube ich deutlich macht, wie wichtig uns die Hunde sind und wir verantwortlich wie uns für jeden einzelnen von ihnen fühlen. Wenn ich nach Rumänien fahre, dann fahre ich auch immer „zu unseren Hunden…“. Denn sie sind uns anvertraut. Ihr Schicksal liegt in unseren Händen. Wir treffen die Entscheidungen für sie. Sie sind uns ausgeliefert und vertrauen darauf, dass wir richtig entscheiden. Ich nehme diese Verantwortung sehr ernst und habe gleichzeitig großen Respekt vor ihr.

In den nächsten Tagen ist viel beobachten und planen angesagt. Ich habe mir eine Liste gemacht, in der ich mir notiere, wen ich aktuell für die erste Open Shelter Gruppe im Kopf habe. Ob es dann auch die Hunde werden, weiß ich final noch nicht. Erst mal muss nun jeder Kennel besucht werden, damit ein gesamter Eindruck entstehen kann.

Dass der Besuch keine Spaßveranstaltung wird, war von vorne herein klar. Aber ich erhalte gerade eine ungefähre Vorstellung davon, dass dieser Trip  wohl an den geheimen Kraftressourcen ziehen wird, die man sich wohl für solche Geschichten angespart hat… Morgen soll es den gesamten Tag schütten, wie die Wochen zuvor auch. Die Hunde sehen so dreckig aus wie noch nie. Kot, Urin, Matsch…alles mischt sich, verteilt sich überall. Weiße Hunde wirken eher gelb. Hunde mit längerem Fell sind völlig versifft und verfilzt. Wir sahen heute bereits nach 3 Stunden Shelter Aufenthalt aus wie Kindergartenkinder, die man aus dem Matschloch holt. Stimmung ist aber weniger euphorisch.
Ich würde gerne für mehr Konfetti Stimmung sorgen, aber die ist gerade eher ausverkauft.
Schaue ich mir die Galerie an, sehe ich so viele leere Blicke. So viele Notfälle in Bucov. So viele Krankenmeldungen schicken wir an unsere Tierärzte, die aktuell auch von A nach B und zurück nach C springen. So viele dünne Hunde. So viele Hunde, die einfach keine Chance haben werden. So viele halbscheue Teenager. So viele Herdis, für die das Finden eines Zuhauses so schwer ist, wie das Abkratzen einer Tapete mit den Fingernägeln.

Manchmal stehe ich so einfach in einem Kennel zwischen Dreck und Gitterstäben, gucke in die Runde um mich herum und fühle mich so erschlagen und so ausgelaugt. So viele Jahre machen wir das jetzt schon. So viele Jahre dreht sich das Rad. So viel Kraft und Energie haben wir aufgewendet. Jeden Tag. Jeden Monat. Seit einem Jahrzehnt….  Doch den finalen U-Turn habe ich noch nicht entdeckt. Der Punkt, an dem endlich die Blase platzt und sich alles löst. Werden wir jemals an diesen Punkt kommen? Werde ich es noch erleben, dass die Progression spürbar ist und wir eine Veränderung sehen? Ich weiß es nicht. Niemand wird das wissen. Niemand kann mir sagen, dass in 35 Jahren alles gelöst sein wird und wir unsere Arbeit abschließen können.
Daher haben wir keine andere Wahl als auf unserem Weg zu bleiben, weiterzugehen, auch wenn manchmal jeder Schritt, jeder Zentimeter Fortkommen eine unfassbare Anstrengung ist. Und manchmal geht es vielleicht auch wieder 5m zurück. Oder man muss halt dann doch die andere Abbiegung nehmen. Wichtig ist nur, dass wir diesen Weg zusammengehen. Dass wir Menschen haben, die uns anschieben, wenn nichts mehr geht.
Ich lasse Herbert den Tag beenden, denn er findet oft manchmal die Worte, wenn eigentlich gar keine mehr übrig sind:

Hoffnung ist gerade so schwerZu findenIch suche sieIch schau‘ nach links und fühl‘ mich blindFür Perspektiven, die uns weiterbringenUnd plötzlich spür‘ ich hinter mirWas schiebt mich an Gibt mir ’ne Kraft Die zieht mich aus dem Tief.

https://www.youtube.com/watch?v=hVx7tdmP8ws 

 

 

 

Auswahl einschränken

Vermittlungsstatus

Shelter

Geschlecht

Größe

Altersgruppe

Halteranforderung

Aufenthaltsort

Tierschützer

Dauerpaten vorhanden

Rettungspaten vorhanden

Im Shelter seit

Besonderheit

Vermittler

Geburtsjahr

Erfasserin

Galeriepflegerin

Letzte Erfassung