Iffy & Finto (verfasst von unserer erfahrenen Pflegestelle Simone Kayser)

Als der SOS Trapo im Dezember 2019 anstand, habe ich mich kurz vorher für „Notfell“ Iffy entschieden. Zusammengekauert, kaum Fell und mit blutigen Wunden saß sie in der Hütte.

Damals dachte ich, sie sei ein medizinischer Notfall und die Wunden bekommen wir schnell wieder hin. Kaum angekommen, merkte ich, dass ihre Seele ein viel größerer Notfall war. Sie schrie, wenn ich sie anfassen wollte, sie kauerte in der Ecke im Bad, hat nicht gefressen, nicht getrunken, sich nicht bewegt. Sobald wir in das Bad kamen, schrie sie schon. Es half nichts, das Geschirr und eine Hausleine musste irgendwie an den Hund. Mit viel Geduld und nach Stunden war es dran. Ihr Schreien ging auch uns durch Mark und Bein und unsere Hunde zogen sich immer mehr zurück. Es vergingen Tage und sie hat nur gefressen, wenn wir nicht dabei waren. Nach 6!!! Tagen hatte sie sich das erste Mal im Bad gelöst. Nachts, als keiner bei ihr war.

Iffy hat mich vor vollkommen neue Herausforderungen gestellt. Ich mache den „Job“ seit über 20 Jahren und viele unsichere und auch bissige Hunde waren hier schon auf Pflegestelle. Mir war klar, dass sie von alleine niemals aus diesem Tunnel rauskommt, und ich habe in den Jahren davor viele Seminare besucht. Doch jeder Versuch endete damit, dass ich vollgepischt und mit Hundekot an den Klamotten und einer schreienden Iffy auf dem Boden lag. Eine Trainerin hat mich per Video begleitet, mir Mut zugesprochen. Immer wieder habe ich gefragt, ob das so richtig ist. Unsere Hunde haben sich immer mehr zurückgezogen, mein Mann konnte Iffys Schreie kaum aushalten und auch ich saß oft auf dem Boden und habe nur geweint. Ich wollte ihr helfen und ich war mir sicher, dass ich das Richtige mache, aber es hat mich an meine Grenzen gebracht.

Es hat 3 Monate gedauert, bis Iffy alleine in den Garten ging. Auf der Flucht vor uns war sie immer. Es war auch die Zeit von Corona und so einfach mal irgendwo mit ihr zum Training zu fahren, war auch nicht drin. Trainer, die sich mit solch einem Verhalten auskennen, sind wirklich rar.

Ich bekam dann das tolle Angebot von Ute Heberer vom Verein „Tiere in Not Odenwald“, mit Iffy zu ihr zu kommen. Wir buchten ein Ferienhaus mit eingezäuntem Grundstück, luden sie in die Box und fuhren die 600 km Richtung Heidelberg. Es waren 4 Tage eingeplant, nach 1 Tag konnte Iffy zögerlich an der Leine laufen. Ich habe zuhause alles richtig gemacht, nur einen Schritt zu früh aufgehört.

Wie sieht so ein Training aus? Man kann keine gängigen Tips geben. Ich habe Iffy immer wieder zu mir geholt, sie gehalten, bis sich ihr kleiner Körper entspannt, das Schreien habe ich aushalten müssen, das Koten wurde weniger. Manchmal saßen wir Stunden so auf dem Boden. Die ersten Spaziergänge verliefen im Zeitlupentempo. Es war ein langer Weg, der sich gelohnt hat. Iffy hat so viel an Leben gewonnen. Es ist doch unfair, dass wir die kurze Lebenszeit, die ein Hund hat, ihn im Garten halten oder im Haus und ihm all die schönen Dinge verwehren. Iffy war vielleicht auf ihre Art „zufrieden“ im Bad, im Haus, im Garten. Es gibt so viel mehr zu sehen und zu erschnuppern. Wir haben sie auf Pflegestelle geholt, um ihr genau dieses zu ermöglichen.

Nicht Mitleid benötigen diese Hunde, sondern Mitgefühl. Wir Menschen müssen für diese Hunde stark sein, wie ein Fels in der Brandung, sie führen und ihnen Sicherheit geben. Ich lese so oft, dass es Hunde gibt, die aufgrund ihrer Unsicherheiten und Ängste nur im Garten sind. Es wird sich nichts ändern, wenn wir sie nicht fordern und fördern. Warum sollten sie aus ihrer Komfortzone rauskommen? Ich habe mittlerweile ein gutes Netzwerk an Trainern in Deutschland. Wer Hilfe benötigt, darf mich gerne anschreiben.

Und Iffy? Wir haben geübt, jeden Tag, kleine Strecken, große Strecken. Berührung aushalten. Mittlerweile ist sie richtig frech geworden, immer noch etwas scheu und auch das Schreien ist nicht ganz weg, sie kann nur auf der rechten Seite laufen, aber sie läuft mittlerweile frei und ist gut abrufbar. Zu viel menschliche Nähe ängstigt sie, aber vorsichtige Streicheleinheiten kann sie genießen und geht auch auf fremde Menschen zu. In ihrem Tempo.

Und ihr ahnt es schon: Iffy ist bei uns geblieben. Nach einer so langen und intensiven Zeit fiel es wirklich schwer, sie gehen zu lassen.

Nach Iffy kam Lola. Lola saß 7 Jahre im Shelter. Sie hat in Ihrer Angst doll gebissen, die Wände waren voller Kot und Urin, wenn ich sie nur angeguckt habe. Auch hier habe ich mich immer wieder zu ihr gesetzt, das Geschirr versucht anzuziehen. Lola hat im Gegensatz zu Iffy oft gebissen. Nach 3 Monaten konnten wir spazieren gehen. Leider ist sie nach 7 Monaten verstorben. Das hat mich unendlich traurig gemacht. 7 Jahre im Shelter und nur so kurze Zeit durfte sie glücklich sein. Direkte Nähe war nicht ihr Ding, aber sie war immer mit uns im Raum. Sie brauchte ihre Distanz. Streicheleinheiten konnte sie etwas genießen und sie liebte die Spaziergänge, sie war die 1. an der Tür, die sich das Geschirr anziehen ließ. Viel Zeit zum Trauern blieb nicht. An dem Abend als ich Lola gehen ließ, kam bereits der neue Pflegehund Finto. Finto sucht noch seine Menschen.

Finto wird hier „Arno Asperger“ genannt. Auch er lässt sich nicht gerne von Fremden bewegen, schmeißt sich auf den Boden, schnappt und schreit. Ist irgendetwas anders, verstört ihn das. Aber wenn er die Menschen kennt, dann himmelt er sie an, und ist immer treu an deren Seite. Wir wünschen ihm, dass er noch entdeckt wird und die Menschen in sein Herz schauen.

Mein Herz hängt an den Senioren und den unsicheren Hunden. Leider ist die Vermittlung von Hunden mit Unsicherheiten nicht ganz einfach.

Danke für eure Aufmerksamkeit!🐾🐶💜

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Für diesen herzerwärmenden Bericht bedanken wir uns ganz herzlich bei unserer tollen Pflegestelle Simone Kayser. ♥️

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