Wir sind mal wieder an dem Punkt, an dem wir alle ein wenig durchatmen müssen.
Aktuell sind ja wieder Kolleginnen vor Ort in Bucov und sind seit Tagen damit beschäftigt, Hunde zu erfassen.
Die, die dort an der vorderen Front arbeiten, gilt es mental zu schützen. Als Team, aber auch als Vorstand.
Wir, die hier das Backoffice machen, versuchen zu helfen und ihnen so viel Arbeit wie möglich abzunehmen.
Wir sind wieder einigermaßen überrascht, was es wieder so alles in den Kommentaren, aber auch in unserem Email Postfach zu lesen gibt (info@prodogromania.de).
Wenn wir vor Ort sind, ist immer direkt mehr los, was ja auch logisch ist, da es neue Notfälle gibt, Updates, viele neue Videos usw.
Wir wissen, dass diese Zeit und vor allem die Zeit danach für uns immer maximal arbeitsintensiv wird. In 10 Tagen steht der nächste Transport an, auch da sind wir bereits nun schon wieder in der Planung.
Die Stimmung ist grundsätzlich durch die wirtschaftliche Lage angespannt (Ihr habt vielleicht den Newsletter dazu gelesen am WE…) und wir versuchen hier wirklich die Nerven zu behalten in diesem Krimi.
Wir haben in den letzten Tagen wieder ziemlich viel Unfug lesen müssen, der sich nicht darauf beruft, dass jemand noch nicht vor Ort war oder unsere Homepage nicht auswendig kann…
Dieser grobe Unfug besteht beispielsweise darin, dass wir Hunde posten und Leute kommentieren, warum der Hund denn nicht auf eine Pflegestelle reisen kann. Es sei doch dringend für ihn…
Da frag ich mich immer, was ich genau mit diesem Kommentar nun anfangen soll. Es ist doch irgendwie logisch, dass wir die Hunde, die bereits eine Pflegestelle / Endstelle in Aussicht haben, nicht noch als Notfall einstellen und um eine dringend Lösung bemüht sind…
Andere wiederum vermerken erneut darauf, dass wir doch bitte vor dem Fotografieren da erst mal sauber machen sollen, damit das im Hintergrund nicht so schlimm aussieht.
Auch, wenn ich mich mit dem Auslandstierschutz noch nicht im Kern befasst habe und keine Idee von der Lage vor Ort habe, komme ich doch nicht auf den Gedanken, mir da jetzt die Zeit zu nehmen und sowas zu kommentieren. Da komm ich mit meinem normalen Verstand einfach nicht mehr hinterher.
Dann hatten wir einige Notfälle, die Atemwegsprobleme haben. Hier hatte ich alleine an einem Morgen 12 besorgte Emails, dass die Hunde bitte jetzt sofort in eine Klinik zu bringen sind und wir doch nicht ernsthaft zuschauen, wie die Hunde ersticken….
In Bucov sind über 3500 Hunde. Es ist Herbst. Die Nächte sind kalt und nass, die Tage noch wärmer. Frisch geimpfte Neuankömmlinge haben nun richtig zu kämpfen, und viele von ihnen bekommen Husten. Aber das sind sicherlich mehr als hundert Hunde aktuell vor Ort… In welche Klinik genau sollen wir sie bitte bringen? Wo genau sollen diese Plätze bereitstehen?! Und wenn diese Plätze tatsächlich verfügbar wären, wer soll das bitte alles finanzieren?
Es gibt einen einfachen Grundsatz: Bei denen Hunden, bei denen innerhalb von wenigen Minuten klar ist, dass sie ohne Klinik sterben werden, wird sofort gehandelt. Das sind Hunde, die beispielsweise bei einer Beißerei massiv verletzt wurden und genäht werden müssen oder die Rute, das Bein amputiert werden muss. Das sind Hunde, die große Infektionen haben, massives Fieber oder einen Darmvorfall. Das sind Hunde, die frisch ins Shelter kommen und den Anschein machen, dass sie Gift gefressen haben oder deren Kettenhalsband so eingewachsen ist, dass man es nicht mehr ablösen kann. Es sind Hunde, die angefahren wurden, es sind Hunde, die massive Kopfverletzungen durch einen Schlag oder Tritt erhalten haben und man Hirnbluten vermutet…
Es sind krasse Notfälle, die so in Deutschland gar nicht auftreten würden.
Niemand bringt daher einen Hund, der hustet, in die Klinik. Niemand bringt einen Hund, der zu dünn ist oder Hautprobleme hat, in die Klinik.
Es gibt keine freien Plätze… denn wir brauchen immer wieder Möglichkeiten, täglich Hunde dorthin zu bringen, die sonst innerhalb von einer Stunde sonst tot wären. Wir handeln da sehr radikal, was teilweise zu Unverständnis und echten Angriffen führt. Aber würden wir nicht so handeln, hätten wir uns vor 6 Jahren bereits so verzettelt, dass es ProDogRomania gar nicht mehr geben würde.
Wir werden in dieser kalten Jahreszeit einige Hunde verlieren. Das ist ein Faktum, was nicht schön ist, was einen immer wieder fertig macht, was aber einfach die krasse Realität ist, die man nicht beschönigen kann.
Auch die Vetkennels sind keine Möglichkeit zur Rettung. Häufig wird angefragt, ob der Hund nicht dorthin könnte…Die Vetkennels sind voll mit Hunden, die täglich ihre Medikation brauchen, die kastriert werden müssen, die so schwach sind, dass sie im Außenkennel sofort getötet werden würden.
Bitte habt Vertrauen in uns und die Kollegen vor Ort, dass wir für jeden Hund das tun, was in unserer Macht steht.
Es ist gut, dass so viele empathisch für die Schicksale vor Ort sind, das ist unser großer Pfund, dass wir gemeinsam Veränderung erzielen wollen.
Aber Veränderung erzielt man nicht, wenn man versucht sein Wunschdenken als Handlungsanweisung weiterzugeben, was absolut nicht umsetzbar ist vor Ort und irgendwie wohl nur den Druck auf alle erhöht, die einfach nur versuchen ihre Arbeit so gut es geht zu erfüllen, nicht täglich dreimal durchzudrehen und zwischen emotionalem Nervenzusammenbruch und Überlastung zu jonglieren.
Ich weiß, wir haben das alle schon hundertfach gelesen, diese Art der Bemerkungen. Ich weiß auch auch, dass ich sie noch die nächsten 25 Jahre lesen werde, so fern ich denn noch die Nerven habe, das hier weiterzumachen. Aber ich habe eventuelle vielleicht die Hoffnung, dass jemand diesen Text hier bis zu Ende liest und davon absieht, darauf hinzuweisen, dass wir vorher bitte erstmal die Kennel reinigen sollen, und uns dann um die Hunde kümmern können.
An alle, die hier jeden Tag die Beiträge teilen, aktiv mithelfen, einen Patenhund haben, einen Hund adoptieren oder unsere Flyer verteilen und von unserer Arbeit berichten:
Dickes Danke, wir brauchen jeden von euch!!
Es grüßt aus dem Backoffice,
Anna