Ich bin wieder eine Woche vor Ort in Rumänien und nehme euch wieder mit auf eine Reise, die uns primär nach Campina führt. Wenn es die Zeit zulässt, werden wir auch in Bucov vorbeisehen. Zentral schaue ich wieder, wie unsere Hilfe ankommt, erfasse die Hunde für die Galerie und bespreche mit den Kollegen vor Ort all die Dinge, die man auf Distanz nicht so einfach abklären kann. Die Arbeit vor Ort ist ein wichtiges Standbein unseres Vereins und dies funktioniert nur, wenn man die Gegebenheiten, die Umstände und die Menschen, mit denen man zusammenarbeitet, kennt.
Früh ging es heute in Campina direkt los, einige Kennels hatten wir noch gar nicht besucht. Rührend empfang uns eine Schäfimama, die in einem kleinen Kennel ihre Welpen großzieht, die alle noch sehr mini sind. Als Halsband trägt sie einen alten umfunktionierten Gartenschlauch. Ihre Rute ist total kahl, sie hatte sich diese völlig aufgebissen, als sie nach Campina gebracht wurde. Catalina hat die Rute gut versorgt und wir hoffen, dass die Mama alle Babies gut durchbringt, sie ist wirklich ein Schatz!
Im Nachbarkennel sahen wir eine kleine Hündin, die ein wenig Druck von ihren Zwingerkollegen bekam und man sofort Mitleid mit ihr hatte… Wir freuten uns darauf, sie kennenzulernen. Sie fraß uns gut aus der Hand, freute sich über die Leckerchen, jedes Anfassen endete aber im deutlichen Zähnefletschen und Schnappen. Sobald es wieder nur um das Austeilen der Leckerchen ging, fing sie wieder an zu wedeln und machte auf gute Stimmung. Leider haben wir hier auch sowas recht oft, dass die Hunde alles ganz gut mitmachen, solange es nach ihrem Willen geht…zu ihren Bedingungen. Alles, was darüber hinausgeht, wird abgelehnt. Auch hier hat die kleine Hündin wieder sehr gut kommuniziert, sie hat deutlich gewarnt. Respektiert man diese Warnung nicht, geht es ein Schritt weiter. Die meisten Hunde hier haben noch eine sehr natürliche und ursprüngliche Art der Kommunikation, die es uns sehr leicht macht, sie zu lesen. Leider wird es für die kleine Lady nicht leicht, einen Platz zu finden, denn hier muss man schon damit rechnen, dass sie durchaus ihre Meinung kundtun wird…
Auch heute war es wieder so, dass wir gerade Pause am Auto machten, als wir merkten, dass die Hunde anders bellten als sonst. Nach wenigen Tagen bekommt man ein Gespür dafür, wenn etwas komisches „im Busch“ ist und man doch mal nachsehen sollte, was das Problem ist. Wir sahen direkt, dass eine freilaufende Gruppe kreisrund etwas umstellte, was wir nicht direkt erkennen konnten…Als ich näher kam, sah ich, dass dort in der Mitte eine kleine Hündin sass, die um ihr Leben kämpft. Ich hatte sie die Tage zuvor in einem der hinteren Kennels kennengelernt. Kurz schossen mir alle möglichen Szenarien durch den Kopf. 10 Hunde gegen 1 Hund. Ich mit kurzer Hose, Florian noch weit weg. Nichts in der Hand, nichts greifbar…. Durch Klatschen erschraken einige Hunde kurz, wendeten sich ab, und die kleine Hündin nutzte die Chance und rannte Richtung Haus hoch auf die Treppen, die Tür war aber zu. Ich konnte die anderen Hunde ein wenig aufhalten, lief dann zu ihr und schaute zu, dass sie dort einfach sitzen blieb, damit ich sie nach unten hin abschirmen konnte. Sie hatte Fell im Maul und zitterte, sie war völlig durch den Wind. Ich fasste sie nicht an, weil ich nicht wusste, wie sie reagieren würde, sondern verschaffte ihr einfach Raum. Florian konnte die Gruppe noch weiter separieren und machte sich auf die Suche nach einem der Arbeiter oder Nicoletta, um abzuklären, was mit der Hündin nun passieren sollte. Weil wieder zurück in den Kennel, macht gar keinen Sinn. Wenn sie einmal den Weg kennt, wird sie das immer wieder versuchen und in der Nacht ist niemand hier im Shelter…. Nicoletta kam, erkannte die Lady sofort und erklärte uns, dass dies eine Mama gewesen sei, die ihre Welpen lange Zeit im Haus großgezogen hat…. Nicoletta machte ihr die Tür zum Haus auf und die Hündin düste hinein und war so so zufrieden, dass sie endlich dort war. Wir vermuteten, dass sie sich dort einfach wohlerfühlte als im Kennel….Sie darf nun erst mal dort bleiben und als ich später nochmal nach ihr schaute, lag sie ganz zufrieden auf einem kleinen Pappbereich und ruhte. Sie hat dort im Haus wirklich keinen großen Luxus, aber sie tauscht das alles dafür ein, dass sie nicht im Kennel ohne Menschen sitzen muss. Manche Hunde hier zeigen uns so sehr, wie verbunden sie uns Menschen sind und wie sehr sie die Nähe von uns brauchen. Die einen wollen wieder ins Haus zurück, die anderen machen einen Ausflug und kehren gerne zurück ins Shelter….Alle sehnen sich nach einer Heimat.
Heute mussten wir noch einige Welpenkennels erfassen, was einiges an Zeit kostet, weil alle durcheinander wuseln und man erst mal sortieren muss, wer nun wer ist und wen man schon auf dem Arm hatte. Gerade bei Geschwistergruppen, die sich alle recht ähnlich sehen, eine echte Sisyphus Arbeit!
ATLE und SMOKE haben wir heute auch besucht. Ein wunderbares Pärchen, beide schon sehr ruhig und leider in die Jahre gekommen. Vor allem ATLE sieht man an, dass die Zeit verstreicht und er Tag für Tag dort im Shelter sitzt…Beide sehr rührend…
Kennel für Kennel arbeiteten wir ab, bis es doch schon 15:00 Uhr war und wir kamen an den Punkt, den wir niemals gut finden…Abschied nehmen….
Wir gingen nochmal ans Auto, packten nochmal eine Kiste voll mit Kausachen und drehten nochmal unsere Abschiedsrunde und gaben jedem noch einen kleinen Gruß, einen kleinen Wunsch mit auf dem Weg. Es ist ein schönes Ritual geworden – wir machen das auch immer in Baile – bei allen nochmal reinzuschauen, alle nochmal kurz zu sehen und ihnen allen eine kleine Freude zu machen.
Wir verabschiedeten uns vom gesamten Campina Team und machten ihnen nochmal deutlich, wie toll sie das hier alles im Griff haben, wie sauber es ist und wie fleißig eigentlich alle hier ihre Arbeit durchführen. Die Arbeiter haben uns mehrfach gefragt, ob alle Hunde ok sind, ob es eine Ecke gibt, wo was nicht gut ist…. Jeder hat hier seine feste Routine, kennt seinre Abläufe. Wasser wird zweimal am Tag frisch gemacht, die Näpfe werden gereinigt, jeden Tag wird Kot entfernt und alles Futter. Klar kann man sagen: Da läuft es doch jetzt gut, dann ist ja da alles in Ordnung und ich helfe lieber woanders…
Ich möchte hier daran erinnern, dass man Jahre daran zusammen arbeitete, dass so ein Standard hier überhaupt erreicht werden kann und dass man alles dafür geben muss, dass dieser gehalten wird. Einen großen Beitrag zu all dem trägt Nicoletta bei, sie ist die feste Bezugsperson aller Hunde, sie hat die Übersicht und die Hunde lieben sie. Ich habe mich heute nochmal ganz ganz herzlich persönlich bei ihr bedankt, denn man merkt, dass sie wirklich mit dem Herzen dabei ist und nicht einfach nur ihren Job macht. Ich glaube, man kann das auf dem Bild hier sehr gut erkennen.
Nach dem Abschied führen wir Richtung Süden, Stancesti war unser nächstes Ziel. Dort liegt das privat geführte Shelter von Aniela, das Sanctuary of Hope (SoH). Ihr findet hier dazu eine kleine Info:
https://prodogromania.de/projekte/projekt-stancesti/
Auch hier war ich schon sicher zwei Jahre nicht mehr und Aniela hat uns mit Arbeiter Vali herzlich begrüßt und mit uns eine kleine Tour durch das Sanctuary gemacht.
Auch hier sind so viele tolle Hunde, ein Großteil davon super freundlich…. Aniela macht immer fleißig ihre Updates, die Galerie ist gut gepflegt. Alle Sanctuary Hunde sind hier zu finden:
https://prodogromania.de/hundegalerie/?swoof=1&pa_shelter=sanctuary
Leider warten dort auch viele Hunde schon seit Jahren….Es sind so viele, ich weiß…. Aber jedem wünscht man nur das beste Zuhause…
Auch hat Aniela immer wieder Sorgenkinder dort untergebracht. Sei es medizinische Notfälle, kleine Welpen, Senioren und auch einige Katzen, die hier genauso ausgesetzt oder abgegeben werden wie Hunde…
Alle Kennels sind mittlerweile gut ausgestattet. Sie sind befestigt, haben gute Hütten, Wassertröge und feste Futterschalen. Auch hier wird einmal am Tag sauber gemacht und es ist immer jemand vor Ort, der nach den Hunden schaut.
Im August ist auch hier wieder ein Team vor Ort, was alle Hunde wieder besucht und Aniela bei der Galerie Arbeit helfen wird. Wir haben uns heute Abend noch lange über verschiedene Dinge unterhalten und es tat so gut, dass wir wieder einmal in den persönlichen Austausch gehen konnten. Wir haben zwar auch so nahezu täglich Kontakt, aber face to face über die Dinge zu sprechen, ist immer wieder etwas anderes.
Nachdem wir Aniela mit dem Auto nach Hause gebracht und den morgigen Tag in Bucov kurz durchgesprochen hatten, machten wir uns auf den Weg in den Supermarkt, um noch einige Lebensmittel zu kaufen. Dann ging es nach einem fast 12 Stunden Tag wieder Richtung Hotel….. Die Kräfte werden weniger und mir graut es morgen ein wenig vor Bucov. Aniela hat mich schon leicht vorgewarnt. Viele Hunde, viele Kennels…..wen werden wir da morgen wieder alles treffen? Erst mal diesen Tag im Kopf sortieren sage ich mir….morgen ist morgen. Morgen ist Bucov.