Wieder einmal: Weihnachten in Bucov! Bevor es so richtig kalt wird, möchten wir nochmal nach den Schwächsten schauen, die dringend unsere Hilfe brauchen! Die Tage sind kürzer, aber wir machen das Beste draus. Unsere Tagesberichte sollen euch mitnehmen auf unsere Reise und euch helfen, die Notwendigkeit unserer Arbeit vielleicht noch ein wenig besser zu verstehen.
Gestern nach dem 10 Stunden Campina Einsatz war kein Tagesbericht mehr drin. Wir waren einfach zu fertig. Heute ist es nicht wirklich besser, fast 10 Stunden waren es auch wieder in Bucov. 10 Stunden, die durchgetaktet waren, weil wir einfach gegen die Zeit ankämpfen. So schnell vergehen die Stunden, so schnell wird es dunkel.
Der Morgen begann mit Erfassung in Kennel 193, als wir bemerkten, dass in den Kennels gegenüber tierisch Stress sein musste. Die Hunde waren lauter als sonst, dort in dem Bereich merkte man auch eine viel stärkere Gruppendynamik als sonst. Das bedeutet nie etwas Gutes. Florian ging vor, Schippe dabei. Ich musste die Reste vom Strohballen noch verteilen und kam dann hinterher. In dem Kennel, wo der Stress war, waren eigentlich nur sehr große Hunde, und ich wunderte mich, als ich sah, dass ein ganz kleiner Hund dort anscheinend stark verletzt wurde. Der kleine Kerl suchte zwar Schutz bei uns, aber er wollte sich nicht hochnehmen lassen, er schrie jedes Mal gleich ganz fürchterlich und wehrte sich mit den Zähnen. Das ging so also nicht, zumal die anderen Hunde auf der Lauer lagen und nur drauf wartet, das zu Ende zu bringen, was sie eigentlich tun wollten. Ich ging schnell los und holte eine Box, damit wir den kleinen Kerl dort rausholen konnten, ebenso informierte ich Catalina. Auch sie war sehr verwundert, dass der kleine Mann in diesem Kennel war, er musste geklettert sein…
Jedenfalls sitzt der kleine Mann nun im Container, morgen machen wir bessere Fotos….
Danach zeigte uns Catalina direkt einige ihrer Hunde im Vetkennel, die nun ausreisen können und ihn die Galerie dürfen. Wir haben uns entschieden, die Hunde dieses Mal nicht herauszuholen, weil die Dramatik, wenn sie wieder reingesetzt werden müssen, unfassbar groß ist. Für die Hunde, für uns. Emotional hätten wir das nicht gepackt. Außerdem wird so jedem Außenstehenden klar, was es für ein Leben ist, dort in den Vetkennels. Aber wir sind so sehr auf diese sicheren Unterbringungsorte angewiesen. So vielen haben sie schon das Leben gerettet….
Weiter ging es bei uns mit Stroh und Fotos….während Aniela und Irina um das Leben der kleinen LIESA kämpften, die schlimm gebissen wurde. Sie hat es leider nicht geschafft….Der Stress aktuell wird leider auch durch die ersten Böller sehr geschürt, jedes Mal, wenn so ein unnützes Ding explodiert, drehen die Hunde nochmal auf und durch. Das forderte jedes Jahr sehr sehr viele Opfer. Ich hoffe so sehr, dass diese Sinnlosigkeit endlich verboten wird…..
Später haben wir noch DONKIE erfasst. Ein super sympathischer und toller Typ, der so leidet….er war Besitzerhund, wurde auch gut gehalten, liebte seinen Menschen….Gründe der Abgabe kennen wir nicht, aber der Kerl braucht dringend Hilfe. Er ist ein kleiner zentralasiatischer Owtscharka, komplett kupiert….er hat sich so gefreut und sein Geheule, wenn man wieder geht, ist herzzerreißend! Wir hoffen so sehr…..
Viel Zeit kosteten uns Kennel 47/1 und 47/2. So viele tolle kleine und junge Hunde. Alle sassen sie dicht an dicht bei uns, wollten auf den Arm, obwohl es so kalt war…..Sie waren so fröhlich, dass endlich jemand nach ihnen schaut, endlich jemand Zeit verbringt mit ihnen…..Achja….
Gegen 16 Uhr haben wir noch einzelne Hunde gesucht, viele gefunden….Und man kommt dann einfach nochmal rum und ist nicht nur lokal an einer Zwingerreihe beschäftigt. Man schaut hier un da, schaut in die Galerie, prüft Namen und Gesichter….und man läuft und läuft und sieht Zwinger um Zwinger, Hunde um Hunde…..so viele Augen, so viele Weinende. So viele, die ganz still in der Hütte liegen und einfach warten….warten auf nichts. Wenn man nicht nur einen Zwinger vor Augen hat, sondern durch solche Rundgänge diese Masse an Hunden auf sich wirken lässt, wird einem wirklich schlecht und bang…Es ist endlos. Die Not, die Anzahl der Hunde, die gebrauchte Menge an Futter, an Geld, an Lösungen………..für so viele Hunde ist es nicht gut hier. Für so viele ist die Unterbringung nur eine einfache Notlösung. Heute ist uns die große Anzahl der Schäferhunde aufgefallen…Sie leiden so wahnsinnig. Sie haben nichts von der Hundegruppe, sie haben nichts von der 24 Stunden freien Zeiteinteilung. Sie wollen Aufgaben, sie wollen die Nähe des Menschen. Sie schreien teilweise so laut, dass es einem durch Mark und Bein geht… dieser tolle Rüde in den 60er Kennels ist so ein Kandidat. Ganz sensibel, sehr empathisch, dynamisch, aber eingrenzbar….Er hält ständig Blickkontakt, sucht die Nähe…
Wenn man abends Richtung Stadt fährt, um noch was zu essen und durch den großen Shoppping Center geht, um Leckerchen für den nächsten Tag zu kaufen, die Familie/ Freunde einem Urlaubsbilder schicken und man zwischen all den gestylten und konsumierenden Menschen umherläuft, hat man das Gefühl, man kommt gerade von einem anderen Stern. De Werbung wirkt noch affiger als sonst, die Musik noch greller, die zu kaufenden Dinge noch sinnloser. Morgen ist der letzte Tag in Bucov und ich habe jetzt schon echt Panik, dass ich nicht das schaffe, was dringend getan werden muss. Ich denke an Boxi, ob er die Nacht durchhält, an den kleinen geretteten Springer, der nun in seinem kleinen Kasten sitzt und an den alten Opa aus dem Vetkennel, der bestimmt Zahnschmerzen haben muss. Mir fällt ein, dass ich einen Hund in einem Kennel nicht erfasst habe, und dass ich der Schäferhündin aus 141 morgen wieder Nassfutter bringen muss. Meine Notfälle aus Campina sind immer noch nicht online, weil ich es nicht geschafft habe. Und das Video vom netten Hovawart Mix Rüden ist auch nicht hochgeladen. Bucov zehrt an einem, ich merke es gerade sehr deutlich und jedes Wort, was ich heute noch sprechen muss, ist eins zu viel. Das Radio ist immer aus, wenn wir hier Auto fahren, es passt einfach nicht mehr noch oben drauf. Die Gespräche drehen sich um wichtige Dinge, um Entscheidungen, die getroffen werden müssen, damit später nicht drei Hunde tot sind. Oder einer vergessen wurde zu erfassen. Smalltalk gibts hier wenig, hat niemand Zeit für. Brauchen wir auch nicht mehr. Die Tierärztinnen verstehen uns blind. Aniela und Mihaela verstehen, dass wir hier sind, um möglichst viel zu schaffen… Man verändert sich hier immer ein wenig, vielleicht wirkt es autistisch. Aber irgendwie kehrt man sich mehr nach innen, um auf sich selber ein wenig aufzupassen. Denn das hier ist aussaugend und absorbierend. Aber es ist wichtig. Ich weiß, dass ich mich heute sicher noch nicht so schlecht wie morgen fühle, wenn der letzte Tag anbricht. Und morgen werde ich mich noch nicht so schlecht fühlen wie übermorgen, wenn der Flieger abhebt und ich hier wieder alle zurück lasse….
Müde + leise Grüße von Anna