10 Tage in Rumänien – von Baile nach Bucov.
Wir sind wieder in Rumänien und nehmen euch gerne alle mit auf diese bisher längste Reise. Sie beginnt in den Südkarpaten im ProDog Tierheim in Baile Herculane und endet im industriellen Ploiesti, wo unser Verein das Bucov Hundelager in Ploiesti unterstützt.
Infos über den Tierheimbau in Baile Herculane findet ihr hier:
https://prodogromania.de/projekt-baile-herculane/tierheimbau/
Infos über die Lage in Ploiesti / Bucov shelter findet ihr hier:
https://prodogromania.de/projekt-ploiesti/
Nach kurzer Nacht ging es heute morgen früh bei strahlendem Sonnenschein und kalten 4 Grad los Richtung Auffanglager in Bucov. Ich war im März zuletzt dort gewesen und war gespannt auf die neuen Hunde, den neuen Tierheimleiter und die Entwicklung in den letzten 6 Monaten.
Der Wechsel von Baile nach Bucov ist schon wirklich tough, es ist einfach eine andere Dimension, eine andere Welt. Nichtsdestotrotz hatte ich beim ersten Rundgang dass Gefühl, dass weniger Hunde in einem Zwinger sind. In großen Zwingern waren teilweise nur vier Hunde. Leider ist es oftmals so, dass sich diese Hunde verbündet haben und es sehr schwer ist, neue Hunde dort zu integrieren. Meist geht das furchtbar daneben und die neuen Hunde werden sofort zu Opfern und Prellböcken.
Auch fiel beim Rundgang auf, dass die Arbeitsgruppe vom Hamburger Tierschutzverein wirklich großartige Arbeit geleistet hat. So viele Zwinger sind nun überdacht, alle Hundehütten sind repariert, neue Hundehütten wurden verteilt und fast alle Hunde haben ganz viel Stroh nun in den Hütten. Einfach eine großartige Hilfe, gerade vor dem Winter! Wir sagen im Namen von ProDogRomania e.V. ganz ganz großen DANK an die Truppe, die wirklich hart gearbeitet hat und eine große Veränderung für die Hunde in Bucov ermöglicht haben. Es war wirklich eine große Freude für mich alles selber so sehen zu dürfen!
Wir trafen noch einige Absprachen und machten uns dann an eine Zwingerreihe, wo länger nicht mehr erfasst wurde. Auch hier stellten wir fest, dass pro Zwinger weniger Hunde untergebracht waren. Auch fielen uns kaum kahle oder sehr dünne Hunde auf.
In dem angrenzenden Kennel machte ich einen sehr schrecklichen Fund. In der hinteren Ecke, zwischen Kot und Matsche lag eine schwarze Hündin, die völlig verdreckt war und man sah, dass sie nur schwer atmen konnte. Ihr Bauch war dick geschwollen, ich stellte auf den zweiten Blick fest, dass sie tragend sein musste, denn auch die Milchleiste war stark angeschwollen. Zuerst dachten wir, dass sie in den Wehen lag, aber wenig später sahen wir, dass sie komplett zerbissen war. Die anderen Hunden hatte sie wohl möglich attackiert und sie stand nun so unter Schock, dass sie sich nicht mehr bewegte.
Wir holen sofort Vet Catalina, die direkt kam und die Hündin zu den Vetcontainern bringen ließ. Dort legten wir sie auf eine Decke und Catalina begann sofort mit Infusionen. Doch so sehr sie es versuchte, es kam kein Blut mehr aus den Venen. So spritze sie ihr einige Präparate und Vitamine und die Hündin wurde ein wenig mobiler. Wir stellen fest, dass sie sehr alt sein musste, ihre Zähne waren kaum noch vorhanden.
Ein paar Minuten später stellte sich die Atmung ein, und jeglicher Versuch ihr Leben zu retten war vergeblich. Catalina entschied sich dagegen die Welpen zu holen, sie hätten bei den Bedingungen vor Ort keine reelle Chance und es gibt auch niemanden, der sie konstant mit Milch versorgen könnte.
Wir waren knapp zwei Stunden erst dort, und schon war die erste Situation da, die sehr schmerzte. Ich stellte mir viele Fragen und auch Mihaela wusste nicht, wie es sein kann, dass so eine alte Hündin nicht kastriert ist, übersehen wurde und ihr so ein Schicksal widerfahren ist. Sie ist bei uns im Arm gestorben. Sie lag auf einer weichen Decke in der Sonne. Zwar mitten im Tumult, aber sie war nicht alleine…
Betrübt gingen wir in den Kennel zurück und begannen wieder mit der Hundeerfassung.
Was man nun sehr häufig sieht, ist, dass die Hunde nicht mehr mit den Fangschlingen durch die Gegen gezerrt werden, sondern unsere Hundewagen ( danke an Sandra Gulla für die Idee!), transportiert werden. Das erspart den Hunden eine Menge Stress!
Spät mittags wurde mal wieder ein Pappkarton mit sehr jungen Welpen vor der Tür abgegeben. Tierärztin Irina hat sie sofort entwurmt, damit sie zeitnah geimpft werden können, sonst haben sie in Bucov keine Chance!
Warum Leute immer wieder Welpen dort abgeben, obwohl es gerade an diesem Ort nicht sehr viele Chancen gibt, weiß niemand. Man hofft das Beste, versucht alles, aber viele werden es nicht schaffen. Daher stellen wir euch auch nur Hunde vor, die vollständig geimpft sind und die Impfphase auch überstanden haben, weil wir nur dann halbwegs sicher sagen können, dass dieser Hund überleben wird. Sicher ist kein Hund in Bucov.
Später am tage war der Bautrupp damit beschäftigt, das gesamte Werkzeug zu verladen, einzupacken und abzubauen. Sie sind heute schon nach Bukarest gefahren, da sie morgen sehr früh nach Hause fliegen werden.
Kurz vor Ende gab es noch eine sehr unschöne Situation, bei der man sich fragte, wie es die Hunde alle schaffen, irgendwie doch halbwegs zivilisiert und ohne ständiges Gefetze dort zu leben.
Im Nachbarzwinger wurde eine neue Hündin frisch dazugesetzt. Das geht immer im Hauruckverfahren. Tür auf, Hund rein, Tür zu und dann gilt das Prinzip „Friss oder stirb!“. Entweder es geht gut, oder es geht in die Hose. Hier ging es in die Hose. Die Hündin wurde von allen Seiten attackiert, sie rannte panisch in eine Ecke, drückte sich an den Zaun und wurde dann von den Hunden im benachbarten Zwinger durch den Zaun hinterrücks angegriffen. Sie schrie, wand sich und wir ließen alles stehen und liegen. Einer rannte in den Zwinger, in dem die Hündin hockte, der andere rannte in den Nachbarzwinger, um die Hunde vom Zaun zu vertreiben, die sich immer weiter in den Rücken der Hündin verbissen hatten. Die Situation entschärfte sich, als wir die Zwinger betraten und die Hunde ließen sie sofort los. Sie war heilfroh, klammerte sich an uns und wich nicht mehr von der Seite. Man merkte, wie sie um Hilfe bat, sie sie flehte, dass man sie hier rausnimmt. Dass sie hier nicht bleiben wollte. Wir hatten aber keine Lösung, sie musste es dort schaffen. In jedem anderen Zwinger wäre vermutlich auch das Gemobbe gestartet.
Es hat sich so viel verbessert dort, wenn man aber Zeit mit den Hunden dort verbringt, bei ihnen ist und beobachtet, sieht man an jeder Ecke einen Hund, der wirklich leidet. Der nicht mehr kann, der aufgibt. Manche Hunde kämpfen lautstark um Aufmerksamkeit, manch andere sind schon längst resigniert…
Es gibt auch Hunde, die dort gut zurecht kommen. Die entspannt auf der Hütte liegen, die den Menschen nicht brauchen, die unabhängig und autark sind. Sie haben dickes Fell, sind gut genährt und lassen sich von nichts stressen…
Diese Hunde müssen wir nicht nach Deutschland in kleine Wohnung schleppen, wo sie angeleint über Betonbürgersteige laufen müssen. Sie kommen dort klar, wollen gar nichts vom Menschen wissen und sind dort versorgt. Andere wiederum haben den großen Drang, dass sie beim Menschen sind, dass sie schmusen können, dass sie Halt und Wärme spüren. Solche Hunde sind dort wirkliche nahezu verloren und verdienen ein warmes Zuhause in dem sie Anschluss finden.
Morgen sind wir erneut den ganzen Tag in Bucov im Auffanglager und werden uns weitere Zwinger vornehmen. Wir werden traurige Hunde sehen, verzweifelte Hunde streicheln und auch vielleicht einige zufriedene Hunde aus der Ferne beobachten.
Es war heute wirklich ein Sprung ins kalte Wasser. Aber es ist gut, dass wir hier sind.
Bis morgen!