2. Tagesbericht von Tino Worschech
Wasser und Futter – unser zweiter Tag im Shelter Ploiesti…
war ein Tag der Begegnungen. Kaum angekommen suchten wir gemeinsam mit Tierärztin Irina einen sehr alten Hund, einen Ur-Opa wie er im Buche steht. Wir fanden ihn tief schlafend unter einem Baum und Irina half ihm zu seinem Platz. Dort bekam er ein Körbchen, Wasser und Futter inklusive seiner Medikamente. Der alte Herr wurde von seinen Besitzern im geschätzten Alter von 17 Jahren vor 2 Wochen im Shelter abgegeben und gehört weiß Gott nicht hier her. Er ist müde, schlapp, hat kaum Zähne und kann schlecht laufen.
Irina und alle Tierschützer kümmern sich rührend um ihn, es wird morgens in ihrer Nähe für ihn ein Plätzchen bereitet und am Nachmittag kommt er im Vet-Container mit den Welpen zur Ruhe und findet dort einen sicheren Schlafplatz für die Nacht. Das ist hier das Maximum dessen, was man vielleicht einen Gnadenplatz nennen könnte. Ur-Opi heißt Odin und würde eine Ausreise vermutlich nicht überstehen, also versuchen auch wir in den nächsten Tagen Odins Leben etwas leichter zu machen – wir halten ein Auge auf ihn.
Bereits am ersten Tag im Shelter beschlossen wir etwas für die Welpen zu tun. Also schritten wir zur Tat und besorgten Welpenfutter und Wasser, um die Kleinen gleich am Morgen komplett zu versorgen. Natürlich waren sie hungrig und vor allem durstig und wir wurden in jedem Zwinger geradezu überfallen. Und weil wir einmal dort waren, reinigten wir gleich die ersten beiden Zwinger komplett und beglückten die Krabbelgruppen mit frischem Stroh – da waren wir noch glücklich und zufrieden.
Am Vortag wurde eine Mutter mit ihren ca. 6 Wochen alten Welpen von den Hundefängern in den Shelter gebracht – sie kamen die erste Nacht in einem Zwinger des Vet-Hauses unter, aber dort mussten sie heute raus. Leider gab es keine andere Möglichkeit, als die ganze Familie in einen der eh schon übervollen Welpenzwinger unterzubringen. Die Welpen trugen wir im Viererpack – die Mutter wurde leider von den Hundefängern „überführt“. Letztendlich mussten sich die alten und neuen Bewohner des Zwingers miteinander arrangieren, dass ging natürlich nicht ganz reibungslos und wir versuchten irgendwie zu schlichten. Obwohl letztlich alle gezwungenermaßen miteinander auskommen, bringen uns solche Episoden doch weit über die eigene Toleranzgrenze hinaus und verursachen den berühmten Knoten im Hals. Ich brauchte einige Minuten für mich ganz allen mit dem gemobbten kleinen weißen Welpen im Arm und musste ihn doch in sein Schicksal entlassen. Die Welpensterblichkeit unter diesen Bedingungen ist leider extrem hoch.
In diesem ganzen Trubel gab es noch einen kleinen Lichtblick. Eine Familie kam in den Shelter um einen kleinbleibenden möglichst jungen Hund zu adoptieren. Sie fanden auch einen Glückspilz und nahmen ihn gechipt mit nach Hause. Irina erläuterte uns, dass die Tatsache der Kennzeichnung der Hunde durch Microchips eine besondere Verantwortung für die Besitzer bedeutet und man davon ausgehen kann, dass sich die Familie auch tatsächlich um ihren Hund kümmert, da sie nun auch mit ihm registriert sind. Eine Sternschnuppe des Tierschutzes…
Dank lieber Vereine und Pflegestellen ist es immer wieder möglich, auch besondere Notfälle in ein besseres Leben – oder besser in EIN Leben – reisen zu lassen. Wir konnten heute 3 dieser Glücklichen suchen, prüfen und registrieren und wünschen ihnen Glück im neuen zu Hause. Aber auch bei dieser erfreulichen Aktion holte uns der Ploiesti-Alltag ein und wir stellten mit Irina fest, dass die Shelter-Angestellten bei ihrer Fütterung 3 Zwinger „vergaßen“. Die Hunde saßen dort ohne Tagesration und wir beschlossen kurzerhand, diese Gruppen nachträglich zu versorgen.
Einmal mit der Registratur beschäftigt gingen wir zum Vet-Haus über, nahmen Daten auf und machten Bilder von Hunden, welche nun ausreisefähig sind und am besten direkt aus dem sicheren Veterinärbereich in den Transporter steigen sollten. Wie schon beschrieben handelt es sich beim Vet-Haus um einen recht sicheren Platz für die Hunde, verglichen mit den Kennels. Allerdings sind besonders die Innenzwinger ein beklemmender und düsterer Ort, überfüllt und trostlos. Es ist uns ein besonderes Anliegen, die reisebereiten Hunde dort zu erfassen und ihnen so die Chance auf eine Adoption zu eröffnen.
Bevor wir Aniela und Catalin nach Bukarest begleiteten um dort Hunde in der Klinik zu besuchen, schauten wir noch nach zwei Hunden, welche uns am ersten Tag durch ihr besonderes Bedürfnis nach menschlicher Nähe auffielen, um auch sie vorsorglich zu registrieren. Blanco und Heidi wurden fotografiert und besonders Heidi wollte mich nicht wieder aus den Zwinger lassen. Sie weinte lauthals als sich die Gittertür schloss und hörte auch nicht auf, solange wir in Sichtweite waren. Viel Gutes konnte der Mensch Heidi bisher nicht bieten, doch selbst mit ihrem Schicksal im Shelter Ploiesti ist Heidis Glauben in uns unerschütterlich. Wir haben die Hunde seit Jahrtausenden domestiziert und aus dem Wolf ein vom Menschen abhängiges Wesen gemacht, oft ohne uns dieser Verantwortung auch zu stellen. Mit dieser Erkenntnis mussten auch wir heute Heidi den Rücken kehren.